50 Jahre Westflug Aachen Luftfahrtgesellschaft
Die Geschichte der Westflug geschrieben von Herbert Kampsmann sen.
Es war das Jahr 1962. Sieben Jahre waren vergangen, seit dem der Motorflug nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland wieder zugelassen war. Auf dem Flugplatz Aachen -Merzbrück gab es neben den von den etablierten Vereinen betriebenen Segelflugzeugen nur zwei Motorflugzeuge. Vor allem an den Wochenenden fanden sich viele Zaungäste ein, die interessiert dem Flugbetrieb zusahen. Das beginnende Wirtschaftswunder erlaubte immer mehr Luftfahrtenthusiasten sich einen Rundflug zu gönnen. Mit dem zur Verfügung stehenden Fluggerät, meist nur zweisitzige Maschinen, konnte man den Ansturm nicht mehr bewältigen. Aus diesem Grund entschloss sich Herbert Kampsmann ein Luftfahrtunternehmen zu gründen. Im Januar 1963 wurde der Gründungsvertrag unterzeichnet. Die anfängliche Tätigkeit bestand hauptsächlich darin, den zahlreichen Zuschauern auf dem Flugplatz Merzbrück Gelegenheit zu geben, die Landschaft rund um Aachen und die schöne Nordeifel aus der Luft zu betrachten. Aber auch der Bedarf an Flügen zu den Nordseeinseln oder Reisen mit Aachener Geschäftsleuten gehörte bald zu den fliegerischen Aufgaben der Berufspiloten. Im Gründungsjahr bestand der Park der Westflug lediglich aus drei Flugzeugen: einer Jodel - Mousquetaire , einer Piper J3C und einer Jodel Sicile.
Nachdem die ersten Jahre sehr erfolgreich angelaufen waren, entschloss sich Herbert Kampsmann der immer größer werdenden Nachfrage nach Ausbildungsmöglichkeiten zum Pilotenschein gerecht zu werden. Es wurden die notwendigen Ausbildungshandbücher geschrieben und ein Antrag auf Genehmigung als Flugschule gestellt. 1967 war es dann soweit: Die Westflug erhielt vom Regierungspräsidenten Düsseldorf die Genehmigung zur Ausbildung von Privatpiloten. Von da an konnten Jahr für Jahr zwischen 40 und 60 neue Piloten, nach einer professionellen Ausbildung, den begehrten Luftfahrerschein in Empfang nehmen. Die Wartungs- und Reparaturarbeiten an den Luftfahrzeugen wurden bislang von zwei Mechanikern der belgischen Heeresflieger durchgeführt. Da Sie dieses nur nebenberuflich in ihrer Freizeit machen konnten, kam es häufiger vor, dass Flugzeuge am Boden stehen blieben, weil die erforderlichen Arbeiten nicht rechtzeitig erledigt waren. Das führte zu der Überlegung, einen eigenen Luftfahrttechnischen Betrieb einzurichten und einen lizenzierten Prüfer einzustellen. Voraussetzung für die behördliche Genehmigung war die detaillierte Festlegung der Verfahren zur Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften. Das Schreiben dieser umfangreichen Dokumentation nahm mehrere Monate in Anspruch und wurde 1968 mit der Genehmigung des Luftfahrt–Bundesamtes als Instandhaltungsbetrieb belohnt.
Die im gleichen Jahr aufgenommene Bannerwerbung erwies sich als ein äußerst lukratives Geschäft. Die Auslastung der Flugzeuge wurde von Monat zu Monat besser. In vielen Nachteinsätzen wurde unter Mithilfe aller Familienmitglieder die benötigten Bannerbuchstaben in Handarbeit hergestellt. Dieser außergewöhnliche Einsatz trug wesentlich zum schnellen Wachsen des Unternehmens bei. Die zunehmende Nachfrage nach Bannerwerbung beeinflusste die Entscheidung die bereits jetzt aus 9 Flugzeugen bestehende Flotte durch Zukauf von 3 weiteren Flugzeugen zu vergrößern. Damit war der Park auf zwölf Maschinen angewachsen, von denen allein sieben mit einer Schleppvorrichtung ausgerüstet wurden. Besonders der Samstag war von den Kunden ein bevorzugter Werbetag. Es kam häufiger vor, dass sechs Schleppmaschinen an diesen Tagen gleichzeitig unterwegs waren. Mehr ging nicht, weil nur sechs Piloten zur Verfügung standen, die eine Schleppberechtigung in ihrer Lizenz eingetragen hatten. Dann, in der Nacht vom 09. zum 10. November 1971 brach eine große Katastrophe über die aufblühende Firma Westflug Aachen herein. Ein Einbrecher zündete den Haupthangar des Luftfahrtunternehmens und der Fliegerschule an. Außer drei in dieser Halle abgestellte Motorflugzeuge verbrannte auch ein gerade erworbener
Flug - Simulator, alle Werkzeuge und Vorrichtungen für die Wartung und Instandsetzung der Maschinen, alle Schul- und Bürounterlagen und natürlich alle zur Einreichung bei der Genehmigungsbehörde bereit liegenden Dokumente und Schulungspläne. Die übrig gebliebenen Flugzeuge, die in der nebenan stehenden, angemieteten Halle standen, waren mit einer fingerdicken Rußschicht bedeckt. Unter Einsatz aller zur Verfügung stehender Kräfte, dauerte es einige Tage, um sie wieder in einsatzfähigen Zustand zu versetzen. Viele dieser Verluste waren nicht mehr zu ersetzen. Es war ein furchtbarer Schock, zu sehen, wie in wenigen Minuten durch die Tat eines Kriminellen, die Arbeit von Jahren vernichtet wurde. Es hieß jetzt wieder von vorne anzufangen. Nur die Begeisterung für das Metier „Fliegen“ verlieh allen Betroffenen die Kraft, dieses Unglück zu überwinden und den Neuaufbau in Angriff zu nehmen. In Tag- und Nachtarbeit, gelang es in wenigen Jahren, den erlittenen Rückschlag aufzuholen. Der tatkräftigen Unterstützung von allen Seiten ist zu verdanken, dass die Westflug diesen Schicksalsschlag überlebte. Als Übergangslösung musste man einige Monate die Büroarbeiten in einem angemieteten Wohnwagen verrichten. Die für die Schulung und Verwaltung wiederhergestellten Räumlichkeiten wurden allmählich zu klein. Auch für das technische Personal, immerhin inzwischen auf drei Angestellte angewachsen, war es unzumutbar in schlecht geheizten und zugigen Hallen zu arbeiten. Deshalb wurde 1978 der Entschluss gefasst, ein eigenes Gebäude zu errichten. Die bei dem Brand verschont gebliebene Luftaufsichtsbaracke wurde durch einen Kontrollturm auf dem neuen Gebäude ersetzt und die Arbeitsbedingungen für die Luftaufsicht erfuhren damit eine einmalige Aufwertung. Im Herbst 1980 war es endlich so weit, es konnte die Einweihung gefeiert werden. Nicht nur das Image der Firma Westflug Aachen hatte damit eine deutliche Aufbesserung erfahren, sondern das Gesamtbild des Flugplatzes profitierte wesentlich davon. Die Entwicklung der gewerblichen Personenbeförderung war erfreulich und der Bedarf, auch bei schlechtem Wetter Geschäftsreisen durchzuführen, wuchs stetig. Wieder mussten in harter Büroarbeit die erforderlichen Handbücher geschriebenwerden und schließlich war es dann soweit: Die Genehmigung des Luftfahrt–Bundesamtes für Flüge nach Instrumenten lag vor. Da diese Flüge nur mit zweimotorigen Luftfahrzeugen durchgeführt werden durften, musste die Westflug wegen der kurzen Landebahn und den fehlenden Einrichtungen am Flugplatz Merzbrück, vom Flughafen in Maastricht aus operieren. Bald schon hatte die Westflug zwei Business – Jets für europaweite Reisen angechartert. Diese Flugzeuge kamen den Wünschen der Kunden mehr entgegen. Bekannte Größen aus dem Showgeschäft, Politiker, Manager und Rennfahrer nahmen die Dienste der Westflug in Anspruch. Interessant waren ganz besonders die Flugaufträge für die Kernforschungsanlage Jülich und der Technischen Hochschule Darmstadt, die zusammen einen Forschungsauftrag des Umweltministeriums erfüllten. Es ging dabei um die wissenschaftliche Erforschung der Luftverschmutzung in der Troposphäre bis zu 8.000 Meter. Dafür wurden Einsätze vom Atlantik westlich von Irland bis nördlich des Nordkaps geflogen. Ab 1980 verstärkten die Söhne Herbert und Walter das Team der Westflug. Walter Kampsmann hatte kurz zuvor seine Fluglehrerprüfung bestanden und Herbert Kampsmann jun. erledigte die immer umfangreicher werdenden kaufmännischen Tätigkeiten. Durch den günstigen Dollarkurs konnte man zu dieser Zeit auf dem amerikanischen Markt zu äußerst preiswerten Bedingungen Flugzeuge einkaufen. Herbert Kampsmann reiste dafür im Dezember 1986 nach Santa Paula, Kalifornien, wo ihm unter anderem ein besonders schöner Doppeldecker, eine Great Lakes, angeboten wurde. Die meistens Flugzeuge wurden auf dem Luftweg von den USA nach Aachen überführt. Ein Flugzeug, eine Piper Cherokee Six, wurde dabei in einer Flugzeit von 12 Stunden ohne Zwischenlandung überführt und stellte damit einen neuen Rekord für den längsten Anflug auf Aachen – Merzbrück auf. Der Doppeldecker konnte auf Grund der geringen Reichweite allerdings nur auf dem Seewege transportiert werden. Wegen der erforderlichen Demontage, der Reisezeit und der Montage in Aachen konnte dieses Schmuckstück erst 5 Monate später am Aachener Himmel bewundert werden. Durch diesen kunstflugtauglichen Doppeldecker konnte das Ausbildungsangebot auf die Kunstflugschulung erweitert werden. Walter Kampsmann verschrieb sich dieser Möglichkeit mit zunehmender Begeisterung. Bei den nationalen und internationalen Wettbewerben, an denen er teilnahm, ließ er die Konkurrenz in den Anfänger- und Fortgeschrittenen-Klassen deutlich hinter sich. Als Mitglied der deutschen Nationalmannschaft nahm er an mehreren Europa- und Weltmeisterschaften teil, mit hervorragenden Platzierungen. 1991 stand er bei der Deutschen Meisterschaft in der höchsten Kunstflugklasse ganz oben auf dem Siegertreppchen. Dadurch wurde die Deutsche Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf die Aachener Schule aufmerksam und schickte fortan die von ihnen betreuten Astronauten und Kosmonauten zur Aus- und Fortbildung in die Fliegerschule Westflug Aachen. Unter anderen lernte der erste Deutsche im All, der sympathische Sigmund Jähn, der alle möglichen Lizenzen für schwere Düsenflugzeuge besaß, in Aachen auch leichte, einmotorige Sportflugzeuge zu bewegen. Hier, bei derAachener Flugschule, erwarb er noch seine Privatpilotenlizenz. Sein Urteil: "Eine MIG zu fliegen ist leichter als eine Cessna zu landen!“ Am 24. Juli 1993 erschien in der Aachener Presse der folgende Artikel:
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